Von innen

Auch wenn speziell zum 85. Geburtstag des hl. Vaters geschrieben, ist dieser Artikel von Alexander Kissler im Vatican Magazin doch von zeitloser Eleganz, genau wie die Person, die er zum Thema hat. Wenn er Papst Benedikt als "Mystiker aus Einsicht" bezeichnet, so ist dies nicht übertrieben, sondern beschreibt nur  zwei Facetten des hl. Vaters, Glaube und Vernunft, zusammengehalten durch die Liebe.

Ja, mystisch ist das Koordinatensystem Benedikts. Er schätzt die Vernunft, diesen göttlichen Schöpfungsfunken, viel zu hoch ein, als dass er sie zum Universalschlüssel für alle Probleme herabwürdigen wollte. Was wäre eine Vernunft wert, was ein Ich, wenn sie spurlos zerfielen beim letzten Atemzug? Nur was im Sterben trägt, trägt im Leben, und das ist nun einmal jenes große, sich uferlos verschenkende Geschenk, die Liebe: Davon ist Benedikt XVI. durchdrungen. Darum ist er Mystiker, darum sieht er im Kontinent der Seele das menschliche Königtum verbürgt, das kein Tod zuschanden machen kann.
Suchte man nach dem kleinsten homiletischen Nenner dieses Pontifikats, so stieße man auf die drei Wörtlein „von innen her“. Sie sind zentral für die Verkündigung Benedikts: Das Hören und Annehmen des Wortes Gottes verwandele uns „von innen her“, der Heilige Geist animiere „von innen her“, Jesus habe „von innen her“ auf die Abschiedsstunde am Gründonnerstag gewartet. Seit damals wolle er „den Menschen retten durch die innere Befreiung vom Bösen, durch eine Umwandlung von innen her“. Wir Christen seien aufgerufen, „unser Leben von innen her umzuarbeiten“, „von innen her neu zu werden“, besonders mithilfe der Eucharistie, durch die Christus „in jeder Generation sein Reich von innen her“ aufbaue und die darum „von innen her mitzufeiern“ sei.
Doch der Blick nach innen, darf  keine Nabelschau werden. Benedikt XVI. ist Mystiker aus Einsicht, nicht aus Ekstase. Er kennt die Gefahren einer verzärtelten, verkitschten Mystik ebenso wie die Abgründe einer halbierten Vernunft. Vor diesem Hintergrund kann Benedikt zustimmend Bonaventura zitieren, der Aufstieg zu Gott gelinge, wenn man „die Gnade“ befrage, „nicht die Lehre; die Sehnsucht, nicht den Verstand; das Seufzen des Gebets, nicht das Studium des Buchstabens“. Damit sind Lehre, Verstand, Studium nicht entwertet oder herabgestuft; sie sollen sich aber nicht zu Gralshütern der Wahrheit aufschwingen. „All dies“, fährt Benedikt im März 2010 fort, „ist weder antiintellektuell noch gegen die Vernunft gerichtet. Es setzt den Weg der Vernunft voraus, übersteigt ihn aber in der Liebe zum gekreuzigten Christus.“ 




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