Sewing adventures, #6: Warum man immer ein mock-up machen sollte (oder zwei oder drei)

oder: Was ich bei meinem ersten Schnürmieder gelernt habe Mieder und Korsette haben in der allgemeinen Meinung einen schlechten Ruf. Einengend, gesundheitsschädlich, frauenfeindlich. Dieses Bild hält jedoch nur solange, wie man sich mit den wirklichen Fakten beschäftigt und dann kommt man ziemlich schnell auf die Erkenntnis, dass verstärkte, geschnürte Oberteile schon seit Jahrhunderten Teil der weiblichen Bekleidung aller gesellschaftlichen Schichten sind. Ob Bauersfrau, Kaufmannstochter oder Adelige, sie alle trugen über ihrem Unterkleid (engl.: shift, franz.: chemise) einen Unterrock und geschnürtes, mit Weide oder Fischbein verstärktes Oberteil. Im 15. und 16. Jahrhundert war das verstärkte Mieder direkt an einem Rock angenäht, später wurde dann ein separates Kleidungsstück daraus. Die Verstärkung des Mieders diente zur Stütze des Rückens und der Brust, war also der Vorgänger des BHs. Das soll natürlich nicht heißen, dass es die figurverformenden Auswüchse bei Korsetten nicht gab, ...