Botschaft zum XXXII Weltjugendtag (Panama 2019) - Teil 4

Schöpferische Treue, um neue Zeiten aufzubauen

Es ist wahr, dass ihr noch nicht viele Jahre „auf dem Buckel“ habt und es euch daher schwer fallen mag, der Tradition den gebührenden Wert beizumessen. Haltet euch wohl vor Augen, dass dies nicht heißt, Traditionalist zu sein. Nein! Wenn Maria im Evangelium sagt, »der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49), meint sie damit, dass jenes „Große“ noch nicht zu Ende ist, dass es sich vielmehr weiterhin in der Gegenwart verwirklicht. Es handelt sich nicht um eine ferne Vergangenheit. Die Vergangenheit im Gedächtnis behalten zu können heißt nicht, nostalgisch zu sein oder an einer bestimmten Zeit der Geschichte zu hängen, sondern seine eigenen Ursprünge erkennen zu können, um immer zum Wesentlichen zurückzukehren und sich mit schöpferischer Treue in den Aufbau neuer Zeiten hineinzustürzen. Es wäre ärgerlich und würde niemandem helfen, wenn wir eine lähmende Erinnerung beibehielten, die immer dieselben Dinge auf die gleiche Weise tun lässt. Ein Geschenk des Himmels ist es dagegen zu sehen, dass viele von euch mit ihrem Nachforschen, ihren Träumen und Fragen gegen die Vorstellung angehen, dass die Dinge nicht auch anders sein können.

Eine Gesellschaft, die nur die Gegenwart gelten lässt, neigt auch dazu, all das gering zu schätzen, was man aus der Vergangenheit ererbt, wie zum Beispiel die Einrichtung der Ehe, des geweihten Lebens und des Priesterberufs. Diese werden dann schließlich als bedeutungslos angesehen, als Auslaufmodelle. Man meint besser in sogenannten „offenen“ Situationen zu leben und sich im Leben wie in einer Reality-Show zu verhalten, ohne Ziel und Zweck. Lasst euch nicht täuschen! Gott ist gekommen, um die Horizonte unseres Lebens in jeder Hinsicht zu erweitern. Er hilft uns, der Vergangenheit den gebührenden Wert zu geben, um eine glückliche Zukunft besser gestalten zu können: Das ist aber nur möglich, wenn man die Liebe authentisch lebt – in Erfahrungen, die sich darin verwirklichen, dass wir den Ruf des Herrn wahrnehmen und ihm folgen. Und das ist das Einzige, was uns wirklich glücklich macht.

Liebe junge Freunde, ich empfehle euren Weg nach Panama wie auch den Vorbereitungsprozess der nächsten Bischofssynode der mütterlichen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an. Ich lade euch ein, zweier wichtiger Ereignisse im Jahr 2017 zu gedenken: dreihundert Jahre der Wiederauffindung des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Aparecida in Brasilien und die Hundertjahrfeier der Erscheinungen von Fatima in Portugal, wo ich mich, so Gott will, im nächsten Mai als Pilger hinbegebe. Der heilige Martin von Porres, einer der Schutzpatrone Lateinamerikas und des Weltjugendtags 2019, hatte in seinem bescheidenen täglichen Dienst die Angewohnheit, Maria als Zeichen seiner Sohnesliebe die schönsten Blumen zu schenken. Pflegt auch ihr wie er eine vertraute, freundschaftliche Beziehung mit der Muttergottes. Vertraut ihr eure Freude, eure Fragen und Sorgen an. Ich versichere euch, ihr werdet es nicht bereuen!

Die junge Frau von Nazaret, die auf der ganzen Welt tausend Gesichter und Namen angenommen hat, um ihren Söhnen und Töchtern nahe zu sein, möge für jeden von uns Fürbitte halten und uns helfen, die großen Werke zu besingen, die der Herr in uns und durch uns vollbringt.

Aus dem Vatikan, am 27. Februar 2017,
Gedenktag des hl. Gabriel von der schmerzhaften Jungfrau


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