70 Jahre nach dem Film "Ich klage an"

sind wir wieder soweit, dass im Deutschen Bundestag über Gesetzentwürfe zum Assistierten Suizid abgestimmt werden soll. "Assistierter Suizid", das ist schönfärberisch gesprochen, die Erlaubnis für Ärzte und Pflegepersonal ihren Patienten ein Medikament in tödlicher Dosis verabreichen zu dürfen, ohne dafür strafrechtlich belangt zu werden. Faktisch ist es also der erlaubte Giftmord. Und das alles unter dem Deckmantel einer Humanität, die "unmenschliches Leiden" verhindern will, Menschen, die durch schwere Krankheiten zu "Krüppeln" gemacht werden und "dahinvegetieren" müssen, "erlösen will" und Kinder nur noch mit bei perfektem genetischen Code auf die Welt kommen lässt.

Vor kurzem sah ich auf arte eine Dokumentation über die Arbeit der Friedrich - Wilhelm - Murnau - Stiftung. Diese verwaltet den größten Teil der Filme, die zwischen 1933 und 1945, oft im direkten Auftrag des Propagandaministeriums gedreht wurden und heute als volksverhetzend auf einer Art modernem Index stehen. Einer dieser Filme ist das 1941 gedrehte Melodram "Ich klage an". Es wurde damals in Auftrag gegeben, um die organisierte Euthanasie Behinderter vor den Massen zu rechtfertigen. Die Parallelen der Geisteshaltung, die hinter den noch wohl gemeinten Gesetzentwürfen für den 6. November 2015 und diesem Film stecken, sind unübersehbar, auch wenn das "Nazi-Argument" eigentlich ein Totschläger ist und in letzter Zeit wieder viel zu häufig und zu pauschal eingesetzt wird. Meistens soll damit dann eine wahrhaftige politische Debatte verhindert werden. Das möchte ich mit meinem - vielleicht unglücklichen - Vergleich ganz und gar nicht. Dennoch sind Sätze wie "Ich habe sie erlöst" (was der ärztliche Protagonist des Films auf die Frage antwortet, ob er seine schwerkranke Frau umgebracht habe), oder "Warum soll es Tieren besser gehen als Menschen" (ein alter Jäger berichtet in dem Film, wie er seinem kranken Hund den Gnadenschuss gab), gar nicht so weit entfernt von dem, was Organisationen wie Dignitas oder Exit ihren Kunden  als Dienstleistung anbieten. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir rinnt es bei den langen, dunklen Schatten, die über einer Neubewertung des §217 StGB schweben, eiskalt den Rücken herunter. Es klingt vielleicht egoistisch, aber ich möchte mich nicht einmal dafür entschuldigen, warum ich denn "immer noch lebe", noch möchte ich, dass dies meine Mutter oder Großmutter tun müssen, nur weil sie irgendwann keinen materiellen Nutzen mehr für unsere Gesellschaft bringen.

Mehr Informationen zu den Gesetzentwürfen um den §217 StGB und was ihr dagegen tun könnt findet unter www.keine-lizenz-zum-toeten.de.


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