Vom Kartentisch ans Krankenbett: Der Weg des Kamillus von Lellis

Auch Spielsucht ist eine Sucht, wie die Geschichte des heiligen Kamillus beweist. Hier für euch meine Übersetzung aus: “Ordinary suffering of extraordinary saints“ von Vincent J. O’Malley C.M. 
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Der hl . Kamillus von Lellis (1550 – 1616) verbrachte einen Großteil seiner Jugendzeit im Kampf, bei Trinkgelagen und am Kartentisch. Bei zahlreichen Gelegenheiten verspielte er seinen ganzen Besitz bis auf das sprichwörtliche Hemd am Leib. Von Kindheit an begabt für die Karten, spielte er so oft, dass aus der Gewohnheit eine Sucht wurde. Im Alter von 17 Jahren schloss er sich seinem Vater und zwei Cousins an, die als Söldner im venezianischen Heer gegen die Türken kämpften und wurde in der Schlacht verwundet. Die Verletzung an seinem linken Bein verheilte gut, doch die Infektion zog in den rechten Knöchel und machte ihm sein Leben lang zu schaffen. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg begegnete er einigen Franziskanern, was ihn so tief beeindruckt haben muss, dass er vielleicht etwas überstürzt schwor, ebenfalls dem Orden der Minderbrüder beizutreten. Im März 1571 kam Kamillus in das berühmte römische Hospital für unheilbar Kranke. Ende des Monats nahm der stämmige Ex-Soldat dort einen Job an, wurde jedoch Ende des Jahres wieder gefeuert. Er galt als Hitzkopf, der immer mit dem einen oder anderen Kollegen im Clinch lag. Da er inzwischen regelrecht süchtig nach den Karten war, stahl er sich oft vom Dienst davon, um mit den Fischern vom Tiber zu spielen. Nunmehr arbeitslos geworden, verpflichtete er sich wieder in der venezianischen Armee. Auf Korfu erkrankte er so schwer an Ruhr, dass er die letzte Ölung erhalten musste. Nach seiner Genesung kehrte er aufs Schlachtfeld zurück.
Nachdem der Venezianische Türkenkrieg 1573 beendet war, kehrte Kamillus nach Rom zurück. Er fand zwischenzeitlich Arbeit als Wachmann, bevor er nach Palermo segelte, wo er sein altes Leben wieder aufnahm und all seine Ersparnisse verspielte. Auf der Überfahrt nach Neapel geriet er in einen furchtbaren Sturm, in dem er aus Angst sein Gelübde, Franziskaner zu werden, erneuerte. Als er vor Erfüllung des Gelübdes in Neapel ein letztes Mal spielen wollte, gab er wieder seiner Sucht nach und verlor erneut alles. In der Biographie von Mario Vanti heißt es über diese Zeit:
In Neapel vergaß er schnell die Gefahren der Überfahrt und sein Versprechen. Er spielte haltlos Tag und Nacht, beinahe ohne Pause. Er verspielte seinen ganzen Dienstbonus, sein Schwert, sein Gewehr und die Pulverflasche, seinen Mantel - einfach alles, außer dem Zierat seines Schwertes und die Kleider, die er am Leib trug. Selbst die einfachsten körperlichen Bedürfnisse und Unwägbarkeiten des Wetters schienen ihm nichts zu bedeuten. Denn für Kamillus war das Kartenspiel ein verzweifelter Kampf mit Hoffnungslosigkeit und Tod. Trotz ruinöser Verluste klammerte er sich fatalerweise an die Hoffnung, dass ihm früher oder später doch noch das Glück lachen würde. Auch in seinen schwärzesten Momenten weigerte er sich zu sehen, dass sein wahres Glück in einer ganz anderen Richtung lag.
Kamillus zog weiter bis Manfredonia in Apulien. Dort warb ihn ein Kapuziner für ein Bauprojekt an. Zunächst lehnte Kamillus das Angebot ab, kam darauf zurück, als er anderswo keine Arbeit finden konnte. Als er nach zwei Wochen einen freien Tag verlangte und abgelehnt wurde, biß er sich vor Wut in die eigene Hand und ging trotzdem weg.
Als er zurückkam, stellten ihn die Kapuziner jedoch wieder ein und gaben ihm sogar eine Gehaltserhöhung. Der Guardian eines Nachbarklosters sprach mit ihm über seine Spielsucht und wie er sie mit Gottes Liebe überwinden könne. Dadurch wurde ihm bewusst, dass sein Hang zu den Karten außer Kontrolle geraten war. Aus dieser Zeit ist ein Brief an einen Freund überliefert:
"Als ich aus dem Krieg zurückkehrte, hatte ich eine Menge Geld, das ich jedoch durch exzessives Kartenspiel verlor. Ich bitte Dich inständig, nichts von dieser Schwäche in Bucchianico zu erwähnen; ich schäme mich sehr dafür."
Hl. Kamillus bei der Krankenpflege.
Ölgemälde von Andrea del Pozo
Zwischen 1575 und 1584 trat Kamillus zwei mal in den Kapuzinerorden ein, wurde jedoch beide Male gebeten, den Orden zu verlassen, da seine Kriegsverletzung nicht abheilte. Er versuchte es bei den Observanten, wurde auch dort aus Gesundheitsgründen abgelehnt. Um seine Gewissensbisse wegen des geheimen Gelübdes zu beruhigen, gaben ihm die Brüder eine Brief, indem sie ihm erklärten, dass die Ordensregel die Aufnahme von Kranken nicht gestatte. Er kehrte nach Rom in das Hospital zurück, wo er zum Finanz- und Personaldirektor aufstieg. Auf Anraten seines Beichtvaters, des hl. Phillip Neri, gründete Kamillus eine Gemeinschaft von Männern, welche Glauben und Krankenpflege verbinden wollten. Daraus entstand der Orden der Kamillianer. Er starb am 14. Juli 1614 in Rom. 1742 wurde er von Papst Benedikt XIV. selig- und am 29. Juni 1746 heiliggesprochen.

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