Treue in guten wie in schlechten Zeiten: Francisco und Leonor Borgia

Passend zur Bischofssynode vom 4. bis 25. Oktober 2015 zum Thema "Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute" und den damit einhergehenden Nebengeräuschen (Wiederverheiratete Geschiedene, Ehe für Alle, LGBT-Familienformen etc) kommt hier wieder eine Übersetzung aus dem Buch "Ordinary suffering of extraordinary saints" von P. Vincent J. O'Malley CM. Anders als die gleichnamige Fernsehserie des ZDF suggeriert, ging es in der Familie Borgia nicht nur um "Sex & Crime" im kirchlichen Kontext. Der heilige Francisco Borgia zum Beispiel, vielen als verdienstvoller Jesuit bekannt, hatte vor seinem Ordenseintritt ein ziemlich vielschichtiges Leben und trotz des Adelstitels nicht gerade wenig Probleme. Arbeitslos, eine kranke Frau und ein Haufen Kinder. Aber lest selbst.
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Francisco (1510 - 1572) und Leonor heirateten im Alter von 19 Jahren. Es war eine sehr glücklich Ehe, aus der innerhalb von acht Jahren ebenso viele Kinder hervorgingen. Auch Titel und Abstammung des jungen Paares waren beeindruckend. Francisco, aus der Familie de Borja (ital.: Borgia) stammend, war der Urenkel eines Papstes und eines Königs und Vetter des amtierenden Kaisers, Karl I. (bzw. V.) von Spanien. Leonor de Castro Mello y Meneses war Hofdame bei Königin Isabella von Portugal, der Ehefrau des Kaisers. Von seinem Vater hatte Francisco den Titel des Herzogs von Gandía geerbt. Aber auch mit einem ererbten Titel braucht man einen Beruf. Im Frühjahr 1543 bekamen Francisco und Leonor die Zusage auf einen Posten als Haushofmeister bei dem spanischen Kronprinzenpaar. Prinz Philipp II war mit einer portugiesischen Prinzessin verlobt; die Verwandtschaft Franciscos mit dem Kaiserhaus und die Nationalität Leonors schienen sie für die Stelle zu prädestinieren. Die Bestätigung dieses Postens ließ jedoch auf sich warten. Das Frühjahr ging hin und auch der Sommer. Der Herbst verstrich und machte dem Winter Platz. Beinahe ein ganzes Jahr verging, bevor der Kronprinz Francisco darüber informieren ließ, dass er die Stelle nicht bekäme. Als Grund gab er einen Fehler im Protokoll an: der Kaiser hatte mit Francisco gesprochen ohne zuvor seinen Sohn konsultiert zu haben. Bald darauf heiratete der Kronprinz seine Verlobte, sie verstarb allerdings binnen Jahresfrist im Kindbett. Auch aus einer darauf angestrebten zweiten Heirat wurde nichts, da die Prinzessin vorher verstarb. Francisco und Leonor warteten weiter auf Nachricht vom Hof, aber in den Wirren der königlichen Hochzeiten mussten sie vergeblich warten. Diese Ungewissheit, der Stress und die Sorgen der Arbeitslosigkeit, gepaart mit der Sorge um die große Familie, verschlechterten Leonors Gesundheit, die nach einer Fehlgeburt 1540 bereits angegriffen war, noch weiter. Francisco schrieb im November 1544: "Vor einigen Tagen ging es ihr so schlecht, dass wir schon fürchteten sie zu verlieren. Der Herr hat sie nun ein wenig wiederhergestellt. Sie kann sich nun wieder selbst anziehen und an der frischen Luft ruhen... Ich werde mit ihr in die Berge fahren, Gandía ist zu nahe am Meer. Ich hoffe sehr, dass Gott sie heilt und dass der Kronprinz zusagt, dass wir zu ihm kommen dürfen. Wir müssen warten, aber wir bereiten alles so vor, dass wir sofort aufbrechen können, sobald die Zusage kommt und Gott der Herzogin die Kraft schenkt, die wir ihr wünschen."
Nach und nach verbesserte sich der Gesundheitszustand der Herzogin ein wenig. Stets optimistisch gesinnt, schrieb Francisco im Mai 1545: "Gott sei Dank geht es ihr besser als letztes Jahr... Möge der Herr euch eure Gebete um uns vergelten. Wir erbitten weiterhin euer Gebet, vor allem, da die Abfahrt zum Hofe bevorzustehen scheint. Sie scheinen darauf zu drängen und da die Gesundheit der Herzogin sich ein wenig verbessert hat, können wir es nicht abschlagen."
Bereits ein Jahr später musste sich Francisco jedoch in das Unvermeidlich ergeben, da "sie langsam auf den Tod zu schreitet". Am 27. März 1546 starb Leonor im Alter von nur 37 Jahren.
Margaret Yeo schreibt in ihrer Biografie von Francisco de Borja über diese Zeit:
"Sie [Leonor] wurde immer schwächer und jede kleine Erholungsphase ließ sie schwächer zurück als die vorhergehende. Francisco musste der Tatsache ins Auge sehen, sehr bald die Frau zu verlieren, die über so lange Zeit alle seine Gedanken und Wünsche geteilt hatte und allein zu sein mit der Sorge für acht Kinder. Carlos, der Älteste, war gerade 15, Alfonso, der Jüngste, nur 8 Jahre alt. Er vermehrte seine ohnehin großzügigen Gaben an die Armen von Gandía und bestellte im ganzen Herzogtum Gebete und Messen für die Heilung seiner Frau. Wenn er nicht an ihrem Krankenlager saß, lag er auf Knien in seiner kleinen Privatkapelle vor dem Kruzifix." 
Im Juni 1546 schrieb er: "Gott dem Herrn hat es gefallen die Herzogin zu sich rufen und ihr Tod lässt dieses Haus so trostlos und traurig zurück wie man sich nur denken kann. Durch Gottes Barmherzigkeit hat sie ein Leben geführt, das ganz in Seinem Dienst stand und ihr Ende war so christlich, dass wir guten Grund haben, darauf zu hoffen, dass ihre Seele im Himmel ist, durch die Verdienste des Kostbaren Blutes unseres Herrn Jesus Christus. "

Wenige Wochen nach Leonor's Tod bat Francisco um Aufnahme in die Gesellschaft Jesu. Der Generalobere, Ignatius von Loyola selber, riet ihm, zunächst die Angelegenheiten seiner Kinder und seine Finanzen zu regeln. Innerhalb der nächsten zwei Jahre arrangierte Francisco die Erziehung seiner Kinder und die Verwaltung seines Besitzes. In dieser Zeit legte er für sich selbst die zeitlichen Gelübde ab, zwei Jahre darauf folgten die ewigen Gelübde. Francisco wurde sehr erfolgreich als Jesuit. [Man findet kaum ein Bild, dass ihn vor seinem Ordensleben zeigt]. Im Alter von 40 Jahren wurde er zum Priester geweiht und folgte Ignatius von Loyola 15 Jahre später als Generaloberer nach. In seiner sechsjährigen Amtszeit vergrößerte er die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaft und die ihre Einrichtungen und Institutionen, besonders in den Gebieten der sog. "Neuen Welt", heute der US-Bundesstaat New York und die kanadischen Provinzen Quebec und Ontario.

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