Ein Fasten wie ich es mag

Fastenzeit. Was fällt euch da als erstes ein? Für die meisten Menschen wird es das Wort "Verzicht" sein und ich höre euch schon seufzen: "Wir verzichten seit einem ganzen Jahr auf so vieles. Es sind nicht nur die Bewegungseinschränkungen die frustrieren, mittlerweile gehen die finanziellen und gesundheitlichen Folgen der Lockdowns an die Substanz. Muss da jetzt auch noch die Kirche kommen und in dieselbe Kerbe schlagen?" Und schon sind wir wieder in einem Klischee. Selbst unter traditionell gläubigen Menschen, die jeden Sonntag in die Kirche gehen und das christliche Brauchtum hochhalten, hat sich eine gewisse Müdigkeit breit gemacht. Traditionen und Rituale werden nur um ihrer selbst willen abgespult. Wir haben Fastenzeit, also fasten wir. Traditionell wird auf Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten verzichtet, dafür mehr Fisch gegessen. Sonntage sind dabei ausgenommen, da sie als "kleine Osterfeste" gelten.

Doch da wären wir schon bei dem ersten Detail, dass mir zeigt, dass Traditionen, Speisengebote und Rituale ursprünglich für die Menschen gedacht waren und sehr gut in ihren Lebensrhythmus passte. So galt zum Beispiel die Zeit des Jahres zwischen Ende des Winters und Beginn des Frühlings oft als "Hungerzeit", weil die Wintervorräte langsam zur Neige gingen, jedoch die Feldfrüchte und Getreide noch nicht gesät werden konnten. Den Speiseplan mit Fisch zu bereichern, frisch gefangen oder vom Markt, macht unter diesen Umständen durchaus Sinn. Und die Ausnahme der Sonntage kommt dem fastenden Menschen ebenso entgegen wie die "Cheat-Days" in modernen Diätplänen. So weit so gut. Doch wenn wir die Fastenzeit wieder in ihrem vollen, katholischen Sinn leben wollen, dürfen wir nicht an der Oberfläche der Speisengebote stehen bleiben, sondern wir müssen in die Tiefe gehen und die geistliche Seite betrachten. 

Schon der Prophet Jesaja erteilt einem rein oberflächlich-materiellen Fasten eine Absage:
Ist das ein Fasten, wie ich es wünsche, ein Tag, an dem sich der Mensch demütigt: wenn man den Kopf hängen lässt wie eine Binse, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem HERRN gefällt? Ist nicht das ein Fasten, wie ich es wünsche: die Fesseln des Unrechts lösen, die Stricke des Jochs entfernen, die Unterdrückten frei lassen, jedes Joch zu zerbrechen? (Jes 58,5-6)
Damit ist klar, dass Fastenvorsätze, die weniger mit dem Verzicht auf bestimmte Speisen oder Getränke zu tun haben, sondern ein "Mehr"  an guten Werken und Gebet  und generell ein Update des eigenen geistlichen Lebens betreffen, vielleicht weniger sozial überprüfbar sind, dafür aber den einzelnen Menschen innerlich weiter voranbringen in seinem Leben mit Gott. 

Auch Papst Franziskus lädt uns in seiner Predigt zum Aschermittwoch ein, die Fastenzeit als den Anfang einer Reise zu betrachten, "die unser ganzes Leben, uns als Ganze miteinbezieht": 
Wir beginnen den Weg der Fastenzeit. An seinem Anfang stehen die Worte des Propheten Joël, welche die Richtung angeben, der wir folgen sollen. Es ist eine Einladung, die aus dem Herzen Gottes kommt, der uns mit weit geöffneten Armen und mit sehnlich blickenden Augen anfleht: »Kehrt um zu mir von ganzem Herzen« (Joël 2,12). Kehrt um zu mir. Die Fastenzeit ist eine Rückkehr zu Gott. Wie oft haben wir, vor lauter Beschäftigung oder aus Gleichgültigkeit, zu ihm gesagt: „Herr, ich werde später zu dir kommen, warte ... Heute kann ich nicht, aber morgen werde ich anfangen, zu beten und etwas für die anderen zu tun.“ Und so geht es einen Tag nach dem anderen. Jetzt appelliert Gott an unser Herz. Im Leben werden wir immer irgendwelche Dinge zu tun haben und Ausreden finden, aber, Brüder und Schwestern, heute ist es an der Zeit, zu Gott zurückzukehren. Kehrt um zu mir – sagt er – von ganzem Herzen. Die Fastenzeit ist eine Reise, die unser ganzes Leben, uns als Ganze miteinbezieht. Es ist eine Zeit, um die Wege zu überprüfen, die wir gehen, eine Zeit, um wieder den Pfad zu finden, der uns nach Hause zurückführt, und um die grundlegende Verbindung mit Gott wiederzuentdecken, von dem alles abhängt. Die Fastenzeit ist nicht eine Reihe von Opfervorsätzen, sie lässt uns erkennen, worauf das Herz gerichtet ist. Das ist der Kern der Fastenzeit: Worauf ist mein Herz gerichtet? Versuchen wir uns zu fragen: Wohin führt mich das Navigationsgerät meines Lebens – zu Gott oder zu meinem eigenen Ich? Lebe ich, um dem Herrn zu gefallen oder um beachtet, gelobt, bevorzugt zu werden, an erster Stelle zu stehen und so weiter? Habe ich ein „flatterhaftes“ Herz, das einen Schritt vorwärts und einen Schritt rückwärts macht, das ein wenig den Herrn und ein wenig die Welt liebt, oder habe ich ein Herz, das fest in Gott steht? Fühle ich mich wohl mit meinen Scheinheiligkeiten, oder kämpfe ich darum, mein Herz von aller Falschheit und Unwahrheit zu befreien, die es anketten? [...]

In guter katholischer Manier werde ich mich bemühen, das eine zu tun ohne das andere zu lassen, d.h. ja, ich verzichte ganz klassisch auf Fleisch, Alkohol, Soft Drinks und Süßigkeiten und ich habe das in den letzten Wochen bis auf einige Tage sogar durchgehalten.

Auf der geistlichen Seite habe ich noch Nachholbedarf, insbesondere im Bereich der Lektüre. Ich denke, ich werde mich dieses Jahr besonders den Psalmen zuwenden. 

Habt ihr weitere Tipps für mich? Wie fastet ihr, geistlich und/oder körperlich? Wenn ihr sie teilen möchtet, welche Folgen des Fastens könnt ihr an euch beobachten?

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