Warum die Priesterinnenfrage in der katholischen Kirche kein Fall für den Diskriminierungsbeauftragten ist

Nachdem ich in dem Beitrag "Religion vs. Kultur" geklärt habe, dass das Patriarchat mit seiner Überhöhung des Männlichen bei gleichzeitiger Abwertung des Weiblichen sozio-kulturellen und nicht religiösen Ursprungs ist, können wir uns nun einem weiteren alten Klischee zuwenden: der Behauptung, dass der Vorbehalt der katholischen Weiheämter (Diakon, Priester, Bischof) für von Gott berufene Männer eine Diskriminierung von Frauen sei. Da dieses Klischee aktuell mit der "Bewegung Maria 2.0." und der Rezeption des Synodalen Weges medial wieder virulent geworden ist, verweise ich auf einen Post zum selben Thema vom 25. Mai 2016. Dort schrieb ich:
Wenn man also den lauten Forderungen glaubt, könnte man auf die Idee kommen, dass in der Kirche nur derjenige zählt, der irgendwelchen formellen Einfluss hätte. Ein offizielles Amt innehaben, eine Funktion bekleiden, mit einem Titel angesprochen zu werden, Macht auszuüben, darauf scheint es anzukommen. Als "einfacher Gläubiger" (generisches Maskulinum), der in die Kirche geht, weil er in der Heiligen Messe und in den Sakramenten dem Herrgott begegnen möchte, in Andachten oder Gemeindearbeit sich für andere aufopfert, scheint man keine Rechte zu haben. Zumindest nicht in den Augen der sogenannten "Engagierten Laien". In deren Augen sind die oft lautlos Tätigen und Betenden, die ihren Glauben als eine persönliche Beziehung zu Gott sehen und pflegen, nur hammelhaft unmündige Arme, die aus ihrem Kinderglauben befreit werden müssen. Sie sehen nur diejenigen, "die im Licht" des Altarraums stehen, "die im Dunkel" des Alltags sehen sie nicht. Anders ist das wiederholte Herumreiten auf dem Thema Priestertum der Frau nicht zu erklären. 
Natürlich ist in über 2000 Jahren Kirchengeschichte nicht alles glatt gelaufen. Jesus hat bei der Gründung seiner Kirche nun einmal auf Menschen gesetzt, obwohl er sehr genau wusste, wie anfällig und fehlbar die menschliche Natur ist. Wir alle sind beeinflussbar in unseren Vorstellungen und Handlungen und nichts beeinflusst uns so stark wie die ausgesprochenen oder unausgesprochenen Vorstellungen des menschlichen Zusammenlebens. Eine der stärksten dieser sozio-kulturellen Prägungen ist das Patriarchat, wie ich in meinem Artikel "Kultur vs. Religion" versucht habe auszuführen. Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass auch religiöse Angelegenheiten aus einem rein sozio-kulturellen Blickwinkel heraus betrachtet werden. Dies fällt umso leichter, wenn es in der sozialen institutionellen, also irdisch sichtbaren, Gestalt der Religionsgemeinschaft zu Machtmissbrauch, Korruption, Vertuschung und ähnlichen kommt. Die Wurzel all dieser Verfehlungen sind zunächst einmal die falschen Entscheidungen von Einzelpersonen, denen die eigenen Bedürfnisse, der eigenen Egoismus wichtiger waren als die Wahrheit des Glaubens, an den zu glauben sie vorgaben und den sie verkünden sollten. Da schließe ich nicht nur die eigentlich Taten von geistlichem oder körperlichen Missbrauch oder der Korruption ein, sondern ganz nachhaltig auch die Vertuschung, Versetzung, das Totschweigen. So weit diese Sünden veritable Straftaten umfassen, gehören sie weltlich aufgeklärt und strafrechtlich verfolgt. Doch nicht ausschließlich. Es sollte selbstverständlich werden, Kleriker die so eklatant gegen die Worte des Herrgotts selbst verstoßen haben (ich verweise nur auf die "Mühlstein" -Rede Jesu) auch unverzüglich aus ihren Ämtern und dem Klerikerstand zu entlassen. Wie bei dem ehemaligen Kardinal Theodore McCarrick, doch wesentlich schneller.
Wer jetzt allerdings auf die Idee kommt, diesen Missständen mit der Umverteilung von Ämtern und Macht zu begegnen, dem unterläuft gleich der nächste Irrtum. Wer die Priesterweihe von Frauen als Heilmittel für Machtmissbrauch, verkrustete Verwaltungsstrukturen und mangelnde Katechese in der Kirche fordert, vertritt implizit die These, dass Frauen die besseren Menschen seien. Wer auch immer behauptet, dass es weniger Missbrauch in der katholischen Kirche gäbe, wenn Frauen darin mehr Ämter und mehr Macht hätten, der meint damit eigentlich, dass Frauen per se weniger anfällig dafür wären, von Macht so korrumpiert zu werden, dass ihnen ihr eigenen Egoismus in die Quere kommen könnte.

"Aber das hat doch so niemand ernsthaft behauptet?" werden jetzt die Ersten sagen. Vielleicht wurde es noch nie mit diesen Worten gesagt. Doch genau dieser Unterton schwingt immer mit, wenn im Zuge des sogenannten Synodalen Weges, der ja ursprünglich wegen der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs ins Leben gerufen wurde, nun mehr über Priesterweihe für Frauen diskutiert wird als über die eigentliche Gründe für den Missbrauch. Dass es auch etwas damit zu tun, wenn Priester ihr eigenes geistliches Leben (Stundengebet, eigene regelmäßige geistliche Begleitung inklusive Beichte) vernachlässigen, darauf kommen scheinbar nur wenige. Denn das würde ja zur der Erkenntnis führen, dass nicht weniger Glauben in der Kirche, sondern mehr die Antwort auf die gegenwärtigen Gläubigenmangel in Deutschland ist. Der Mangel an Gläubigen kommt von einem Mangel an Glauben, also Inhalt. Einem Mangel an Inhalt hilft jedoch nicht, wenn man die Form verändert. Man muss die Form wieder mit Inhalt füllen, wenn man wieder eine gefüllte Form haben möchte. Diesen Inhalt, also den Glauben kann jeder Gläubige bereit stellen, Mann oder Frau. Jeder an der Stelle an die er bzw. sie gestellt ist. Und das ist eben nicht für jeden der Altar. Das war auch schon vor zweitausend Jahren so, denn Jesus wird seine Gründen dafür gehabt haben, dass er seine Kirche so und nicht anders gegründet. Er ging in seiner Wertschätzung für Frauen ohnehin schon weiter als seine Zeitgenossen es für schicklich hielten und niemand hätte ihn daran hindern können, Frauen mit in das Obergemach zu seinem Letzten Abendmahl mitzunehmen oder auf den Berg der Verklärung oder nach Getsemani. Wenn wir als seine Kirche also zu Jesus sagen "mein Herr und mein Gott" und ihm in Worten und Taten glauben, dann sollten wir das auch zur Gänze tun, auch da, wo es vielleicht nicht unseren eigenen Vorstellungen entspricht. In der Frage der Priesterweihe für Frauen wäre also die Folge: Wenn wir glauben, dass es Jesu eigene Entscheidung war, nur jene zwölf Männer und niemand sonst (auch keine Frauen!)  in den Abendmahlssaal mitzunehmen die er eben dorthin mitgenommen hat (er hätte ganz andere Wahlmöglichkeiten gehabt unter den Tausenden Menschen, die ihm folgten)  und dass er an jenem Abend das Priestertum eingesetzt hat, dann müssen wir eben auch akzeptieren, dass er durch alle Jahrhunderte bisher eben nur Männer zu Priestern und in die Nachfolge dieser Apostel beruft.

Letztendlich müssen sich also all jene, die sich lautstark für die Priesterweihe für Frauen einsetzen, fragen lassen ob und inwieweit sie noch an Jesus Christus als Herrn, Gott und Erlöser glauben und wie ernst sie ihn wirklich nehmen?

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