Verschlungene Pfade (2)

[Johannes]


"Achtung! Auf Gleis 2 fährt ein: Regionalbahn 3154 von M. nach K. Abfahrt 17:43 Uhr. Vorsicht bei der Einfahrt!", schall es aus den Lautsprechern am Bahnsteig. Ich war extra früher von der langweiligen Rechtsvorlesung gegangen, um meine Freundin nach den Tagen bei ihren Eltern am Bahnhof abholen zu können. Wie es ihr wohl nach der Beerdigung ihrer Oma geht? Sie war ihr sehr wichtig gewesen. Immer wieder hatte sie in den letzten Tagen von ihr erzählt. Die alte Dame musste eine humorvolle, zufriedene und beeindruckende Frau gewesen sein. Wie gerne hätte ich sie begleitet, um in diesem schweren Moment Trost zu spenden und einfach da zu sein. Wie doof, dass ich ausgerechnet jetzt in einem Seminar einen Vortrag halten musste. Aber gedacht habe ich oft an Ziska und sie zu Papa gebracht.

Endlich fährt der Zug ein. Und da sehe ich sie auch schon mit ihrer roten Mütze auf mich zukommen. Ich nehme sie fest in den Arm und drücke ihr liebevoll einen Kuss auf den Mund. "Hey! Wie war die Fahrt?" - "Gut. Sofern man das von Bahnhöfen und Zugfahrten sagen kann." - "Komm, lass uns gemütlich zu Abend essen und du kannst mir in Ruhe von der Zeit bei deinen Eltern erzählen. Ich hab uns Rührei gemacht und Tomate-Mozzarella, weil du das doch so gerne magst."

Ziska nickte nur und strahlte mich an, sichtlich glücklich, dass wir den Abend gemeinsam verbringen würden. Ich nahm ihr den Koffer ab, sie behielt eine Pappschachtel, die sie wie einen Schatz hütete. Es wird wohl etwas von ihrer Oma sein. Dann gingen wir Hand in Hand Richtung Ausgang.


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